Dienstag, 5. Juli 2011

Plädoyer für ein fränkisches Dorf

Es gibt so Tage. Viel zu viele. Da komme ich noch nicht mal dazu, den Bambus zu genießen.... Oder überhaupt. Tage wie dieser: um halb acht ins Büro, um halb zehn nach Hause. Und dann wieder an den (Schreib-)Tisch. Wenn es gut läuft, sogar auf der Terrazza. Keine Zeit. Nicht zum Abschalten. Nicht zum Genießen. Nicht zum Schlafen. Nicht zum Erden. Dann muss es halt sein. RADIKALKUR.

Meist, da schimpfe ich mich aus BAIERN zu kommen. An guten Tagen aus SCHWABEN. Das ist ehrlicher. Zumindest von Geburt an. Gefühlt: Manchmal Holländer. Die mag ich, da bin ich gerne. Und Bitterballen haben sie auch. Zum Erden zieht es mich aber ab und zu nach FRANKEN. Genauer gesagt: In den Steigerwald. Noch genauer? Oberschleichach (Google Maps).

Oberschleichach ist wie ein gallisches Dorf. Offiziell hat es 564 Einwohner. Wenn man die Neu-Oberschleichacher (zugereist vor weniger als 20 Jahren) weg lässt, kommt man wohl auf die Hälfte. Einen Gasthof, das Zenglein (ohne Internetseite), seit anno dazumal im Familienbesitz, Privatbrauerei, Dorfkneipe. Sonst nichts. Vielleicht noch das "Landhaus Oberaurach". Aber das zählt nicht. Das war schon vor 20 Jahren out!

Eine kleine Kirche, ein Sportplatz, ein Kindergarten (!) und eine ehemalige Volksschule, die schon seit 20 Jahren (war eigentlich alles vor 20 Jahren?) das UBiZ beherbergt. Umwelt-Bildungs-Zentrum. Damals belächelt, heute etabliert! Ein Waldspielplatz. Ein Dorfspielplatz. Ein Kindergartenspielplatz. Vier (!) Brunnen. Eine Dorflinde.

Und nicht zu vergessen: Sportverein (keine Internetseite), Lindenverein (keine Internetseite), Freiwillige Feuerwehr (auch keine Internetseite). Und jeder ist überall Mitglied. Es gibt wahrscheinlich noch viel weitere Vereine, die ich nur noch nicht kenne.

Oberschleichach halt.

Oberschleichach ist das Dorf, in dem meine Mutter geboren wurde und aufgewachsen ist.
Oberschleichach ist das Dorf, in dem meine Großeltern gelebt haben.
Oberschleichach ist das Dorf, in dem ich meine Sommerferien verbracht habe.
Oberschleichach ist das Dorf, in dem ich mein erstes Bier getrunken habe.
Oberschleichach ist das Dorf,  in dem ich meine erste Zigarette geraucht habe.
Oberschleichach ist das Dorf, in dem ich meinen ersten Rausch hatte (... Kindergartenfest...)
Oberschleichach ist das Dorf, in dem meine halbe Familie auf dem Friedhof liegt.....

Irgendwas scheint mich an diesem Dorf zu faszinieren. Oder zu erden. Hin und wieder komme ich vorbei und immer wieder treffe ich Menschen, die ich aus meiner frühen Kindheit "kenne", die mich wiedererkenne, die mich freundlich begrüssen (was verwunderlich ist. Der Franke an sich ist (Fremden gegenüber) ja eher unglaublich unfreundlich!), die sich zu mir setzen und mal kurz schwätzen oder am Grab die neuesten Neuigkeiten austauschen.

Und genau da war ich neulich. Zwei Tage. Und es war gut. Weil es erdet. Und weil es schön ist. Fronleichnam (da ist das halbe Dorf auf der Strasse!), nauf'n Schlegl, Biermänner und Dorflinden, Johannisbeersträucher und weite Felder. Es hat gewirkt! Und wie! Und wenn ich mir so die Bilder anschaue, dann weiss ich auch, warum. Wie gmoid. Wie gemalt. Oberschleichach halt!

Was waren das für schöne Tage! In Oberschleichach. Ja, in Oberschleichach. Keine Ahnung, was mich dahin zieht. Es tat gut. Und ich komme wieder. Weil. Wegen.



1 Kommentar:

  1. ...kenn ich auch, schleichach ist schön.
    war öfter dort, habe erlebt wie brot gebacken und die sau geschlachtet wurde. wusste wo der most im keller steht und ich durfte am grossen tisch, beim essen, mit dabei sein.

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